Projektil auf Hand

Dinggeschichte: Projektil


Projektil auf Hand

Das wahrscheinlich krasseste Ding, das ich besitze, ist dieses Projektil. Hätte es seine Bestimmung erfüllt, gäbe es mich nicht. Es wurde im Kaukasus auf meinen Großvater geschossen und prallte an seinem Stahlhelm ab.

Er verwahrte es all die Jahre, die ich ihn kannte in seinem Schreibtisch. Und zwar so:

Projektil Geldstücke

Meine Großeltern verpackten Kleinkruscht oft in Medizinverpackungen wie dieser für eine Augensalbe. Auch das Kupfergeld ist so typisch – „wer den Pfennig nicht ehrt…!“ Das war sicher nicht beabsichtigt, aber sieht es so nicht aus wie eine Kombination von Leben – Gesundheit – Geld?

Ab und an zeigte mein Großvater uns das Projektil und erzählte die Geschichte dazu. Es ließ mich immer schaudern. Tut es heute noch. Dieses Metallteil sollte sich in einen Kopf oder ein Herz bohren. Ein Ding gemacht zum Töten. Was hat sein Anblick wohl mit meinem Großvater gemacht? Warum hat er es aufgehoben?

Mich faszinieren Dinge. Sie sind da. Sie sind nicht per Email zu schicken. Sie werden weitergegeben, verschenkt, weggeworfen, alt, kaputt, ganz, … Sie gehören jemandem und bedeuten Verantwortung, machen Mühe, erinnern einen. Und sie haben alle eine Geschichte. Manche erzähle ich hier in den „Dinggeschichten“.

Heike, 3. April 2019


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