Hubert Stadler vor Käse Stellage

Morgens käsen mit System – nachmittags die Kühe besuchen


aHEU.BLOG unterwegs bei der Dorfkäserei Stadler //

Straße in der Morgensonne

Die Straßen sind leer, die Böschungen dampfen in der Morgensonne, es ist Samstag Früh und ich fahre nach Herrmannsdorf in die Dorfkäserei Stadler, die ausschließlich Bio-Roh-Heumilch verarbeitet.

Dorfkäserei Stadler

Nach Jahren hat es endlich mit einem Termin geklappt zwischen dem Inhaber Hubert Stadler und mir. Ich freue mich, mal wieder Sennerei-Luft zu schnuppern und mitanzupacken.

Als ich ankomme, sind Hubert und sein Mitarbeiter Artur schon voll in Vorbereitung. Die Produktion und die gewaschenen Gerätschaften vom Vortag werden verräumt und der große Kessel für die Ankunft der Milch vorbereitet.

Sennerei Fenster

Da ist es auch schon soweit: Huberts Vater ist mit dem Milchtank angekommen und wartet, bis die Milch durch die Leitung in den Kessel abgelaufen ist. Sie fließt durch den Höhenunterschied zwischen Einfahrt und Käsküche von selber und muß nicht gepumpt werden; Hubert ist das wichtig, denn Pumpen seien zu grob zur empfindlichen Milch.


Die Milch kommt!

Wir kontrollieren die Eingangstemperatur der Milch und fangen an, den Kessel aufzuheizen. Dazu wird zwischen den Kupferkessel und seinen Edelstahl-Mantel heißes Wasser geleitet, mit dem die Wärme schnell zu regulieren ist – viel komfortabler, als ich es aus den einfachen Berghütten mit teilweise offenen Feuerstellen kenne!

Hubert Stadler Kultur beigeben

Als die Milch warm genug ist, gibt Hubert die Bakterienkultur hinzu; langsam, damit sie sich im ganzen Kessel verteilt und gut vermehren kann. Heute stellen wir Bergkäse her.


Aber was heißt da immer „wir“: Ich werde leider gar nicht gebraucht, Hubert und Artur haben alles bestens im Griff. Mein Hauptjob ist es, nicht zu sehr im Weg rumzustehen. Ich mache aus der Aufgabenlosigkeit eine Tugend, sehe mich überall um und photographiere wie wild…

Bis in den hintersten Kellerwinkel ist es blitzsauber und aufgeräumt. Beeindruckend. Auch im Gespräch erklärt mir Hubert, daß er mit System vorgehe, denn dann müsse er nur einmal gründlich überlegen und sich danach lediglich daran halten. Zudem sei es dann auch für die Mitarbeiter einfacher: Wenn jeder dem System folgt, läuft es rund.

Hubert Stadler Lab

Nachdem die Milch die richtige Temperatur hat, gibt Hubert das Lab hinzu.


Dann stoppt er das Rührwerk und während die Milch ruht ist – wie immer in der handwerklichen Käseherstellung – Frühstückszeit für circa eine halbe Stunde. Artur ist schon mit seinen polnischen Kollegen zum allsamstäglichen Frühschoppen verschwunden.
Hubert und ich gehen die Schnapsbrenner um’s Eck besuchen (natürlich nur zum Zuschauen! (;) und treffen dort auf Karl Ludwig Schweisfurth, Gründer der Herrmannsdorfer Landwerkstätten und der Schweisfurth Stiftung, Grandseigneur der Bio-Bewegung. Alle begegnen ihm mit großem Respekt.

Im Gespräch wird immer wieder klar, daß Hubert nicht nur hier vor Ort von der Hygieneschleuse über das Werkzeugbrett bis hin zu den Gefäßen für die Bebrütung der Käsekulturen mit System arbeitet.

Er hat sich über die Jahre auch ganz genau ausgedacht, wie er seinen Betrieb führen möchte, von den Arbeitsabläufen, Freizeiten, Produkten und deren Vertrieb her. Er arbeitet mittlerweile ausschließlich mit Bio-Rohmilch in Heumilch-Qualität, die er von seinem Bruder, der mittlerweile den Hof der Familie führt, und einem Nachbarn bezieht.

Rohmilch: Milch, die vor der Verarbeitung nicht erhitzt wird und daher alle natürlichen Stoffe beinhaltet.

Heumilch: Milch, die von Kühen stammt, die keine Silage gefressen haben. Heu ist getrocknetes Gras; Silage (auch „Silo“ genannt) ist halbtrocken gegorenes/fermentiertes Gras.

Hubert verarbeitet so viel Milch, wie er mit den langjährigen Mitarbeitern in der Sennerei gut produziert und über den eigenen Laden und die Herrmannsdorfer Läden verkauft bekommt. Er hat mit klarem Qualitätsbewußtsein einen Kreislauf geschaffen.


Nach dem Einlaben wird die dickgelegte Milch mit der Käseharfe in Gallerte-Klumpen geschnitten und der Kessel wird zum „Brennen“ aufgeheizt. Brennen heißt, Molke tritt aus den Klumpen aus, diese werden zu sogenannten Bruch-Körnern und schließen sich nach außen ab. Je kleiner das Korn geschnitten wird und je höher gebrannt wird, desto weniger Feuchtigkeit enthält der spätere Käse, desto härter und haltbarer ist er.

Nach händischer Kontrolle, ob der Bruch bereit zur Abfüllung ist, wird die Masse vom Kessel in die Käseformen gepumpt. Die Molke läuft ab in Leitungen direkt zum Schweinestall. Hubert und Artur gleichen die Käsemasse der zukünftigen Laibe aus. Jeder Handgriff sitzt. Und ich bin froh, daß die Linse meiner Kamera trotz des Sauna-Klimas nicht so schlimm beschlägt wie befürchtet.

Während aller Arbeiten säubern Hubert und Artur alle nicht mehr gebrauchten Gerätschaften sofort wieder. Wenn man es gleich macht, ist es so viel leichter als wenn es einmal angeklebt ist. Und Hygiene ist beim Arbeiten mit Milch – erst recht mit Rohmilch – oberste Pflicht.

Käsewenden

Nach kurzer Zeit in den Käseformen werden die Laibe das erste Mal gewendet. Dazu gibt es hier eine praktische Vorrichtung mit Lift.


Dann zeigt mir Hubert seine Käsekeller. Uuuui! Jedes mal, wenn ich eine dieser Schatzkammern betrete, bin ich ganz andächtig. Ich liebe den – teilweise auch strengen – Geruch und diese in allen Goldtönen leuchtenden Laibe. Gestalt gewordene Arbeit. Gestalt gewordene Natur.

Es kommt Besuch. Der bekannte Südtiroler Affineur Hansi Baumgartner schaut vorbei. Hubert liefert ihm regelmäßig Ware zur Weiterveredelung.

Busfahrer, Kofferraum, Käse, Hubert Stadler

Da Hansi diesmal mit einem Landwirte-Ausflug unterwegs ist, bringen wir den gewünschten Laib zum Bus der Reisegruppe und verstauen ihn sorgfältig in einem eigenen Kofferraum. Der Fahrer ist ein netter Typ, wir unterhalten uns eine Weile mit ihm und verabschieden uns dann von diesem ungewöhnlichen Kurierdienst.

Hühner unter Busch

Auf geht’s nämlich jetzt zum Hubert nach Hause, wo wir inmitten einer Wiese den Podcast drehen [kommt bald, ist im Schnitt!]. Hier seht Ihr Huberts Hühner…

Melkstand

… und hinten den neuen, lichten, luftigen Stall seines Bruders mit Heubergehalle (ein wichtiger Schritt Richtung Roh-Heu-Milch-Käse). Hier der superschöne Melkstand.

Während wir reden, nimmt Hubert ganz automatisch den Besen und legt auf dem Futtertisch den Kühen ihr Futter nach.

Er erzählt, daß er eigentlich jeden Tag hier hergeht und nach ihnen schaut. Egal wieviel er als Senn, Chef, Vermarkter, Trachtenvereinsvorstand, Molkereifachleutevorstand, … zu tun hat. Das gehört für ihn dazu. Und er lädt auch andere dazu ein, so wie mich. Auch Huberts Leben ist ein Kreislaufsystem, ein Kreislaufsystem aus Käsen, Kühen und Menschen.

Werbung für Dorfkäserei Stadler

Heike, 9. Oktober 2019


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