Kleinvieh und Großmist
aHEU.BLOG räumt bei den Kälbern auf und sinniert über Tierhaltung //
Tiere zu halten heißt, sich um sie und ihr Wohlergehen zu kümmern. Nutztiere geben uns eine Menge und es ist unsere Pflicht, ihnen das Leben so angenehm wie möglich zu gestalten (dazu unten mehr!). Wer sich zum Beispiel mit Kühen einläßt, hat nicht nur mit Milch, sondern auch mit ihren anderen Ausscheidungen zu tun: Urin und Kot. Diese wollen weggeräumt und Stall und Weiden saubergehalten sein.
Folgende Bilder entstanden, als ich auf einem Hof gearbeitet habe. Da ich ja zum Schaffen, nicht zum Photographieren angestellt war, sind es keine chicen Reportage-Bilder, sondern geschwinde Handy-Schnappschüsse. Aber vielleicht vermitteln sie Euch trotzdem einen Einblick in den ‚Sommersputz‘.
Es war meine Aufgabe, diese Ecke des Stalls zu säubern, in der die kleinen Kälber den Winter verbracht haben. In Gegenden mit Alpwirtschaft, in denen die Tiere in den Sommermonaten „gesömmert“ oder „geälpt“ werden – also auf die Bergweiden und Hütten gebracht -, können solche Putzaktionen daheim am Hof währenddessen kommod erledigt werden.
Hoch die Ärmel!
Wenn man wissen will, was die Kälber letzten Winter getan haben, muß man nur die Gitter ihrer Box hochheben… Die Gitter haken ineinander und sitzen zudem durch das mit Mist verklebte Stroh ganz schön fest.
Habe ich die Gitter endlich auseinander, stelle ich sie auf und kratze mit einem Spachtel den gröbsten Dreck ab.
Ich trage die Gitter nach außen und weiche sie für ein paar Tage in mit Wasser gefüllten Trögen ein.
Drinnen im Stall sieht es nun so aus. Das Wort „Strohmatratze“ bekommt eine neue Bedeutung (; Der Mist pappt fast so zusammen und auch bezüglich des Gewichts könnt Ihr Euch eine vollgesogene Matratze vorstellen. Mit der Mistgabel befördere ich die quasi brikettförmigen Stücke in die Schubkarre.
Ist die Schubkarre so voll, daß weiteres Beladen durch Herabbröckeln mehr Sauerei machen denn Laufweg sparen würde, schiebe ich sie nach draußen. Dabei muß ich schon einige Kraft aufwenden, aber ja nicht ruckhaft, sonst kippt die Fuhre um, während ich auf das Brett auf dem Misthaufen balanciere.
Ich kippe die Schubkarre nicht einfach aus, sondern verteile ihren Inhalt mit der Gabel bis an die Kanten der „Mistlege“. Dies ist wichtig, denn wenn man nicht den ganzen Platz nutzt, ist der Haufen zu schnell voll. Die Folge wäre, daß wir früher als nötig den Mist ausbringen, sprich die Felder düngen müßten. Das ginge auch abgesehen von der Mehrarbeit nicht so einfach, da es für die Ausbringung klare gesetzliche Vorgaben bezüglich Zeiten, Wetterlage etc. gibt. (Vielleicht habt Ihr von den politischen Diskussionen um die Düngeverordnung gehört; da geht es genau um solche Regelungen.)
Großreinemachen
Auf dem Hof, zu Zeiten meiner Großeltern, so hat mir mein Vater erzählt, wurde jeden Sommer der Stall nicht nur ganz genau geputzt, sondern auch frisch gekalkt – eine traditionelle Form der Desinfektion.
Ähnlich wird heutzutage in Betrieben mit Schlachttieren nach jedem „Durchgang“ aufwendig gereinigt und desinfiziert. „Durchgang“ bedeutet, daß in der Regel ein ganzer Stall gleichzeitig neu „eingestallt“ (wenn zum Beispiel eine Herde Junggockel kommt) und dann „ausgestallt“ wird (wenn die fertig gemästeten Tiere zum Schlachthof gebracht werden). Das sind immer aufregende Tage für Tier und Mensch.
Nach dem Bade
Nach ein paar Tagen geht es weiter: Das lange Einweichen der Gitter ist zwar nicht so gut für die Nase, dafür hat es aber Mist und Stroh top gelöst.
Ich nehme die Gitter aus den Trögen, lehne sie an und spritze sie mit einem Hochdruckreiniger ab. Obacht! Denkt an die Schulphysik: Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel… Sonst habt Ihr bald große Sommersprossen (;
Kaum zu glauben, daß dies die Gitter aus den vorigen Bildern sind, so schön sauber wie sie jetzt sind…
Und was machen die Großen? Auch nur Mist.
Wir haben nun gesehen, was die Kleinen im Winter getrieben haben und werfen jetzt einen Blick in den Alp-Stall der Großen. Von links nach rechts: Sauber eingestreuter Stall – vollgesch…ner Stallgang – gereinigter Stallgang.
Wie Ihr seht, gibt es hier leider keinen automatischen Schieber, der entweder durch Zeitsteuerung oder per Knopfdruck durch den Gang fährt und die Exkremente in die Güllegrube befördert. Hier schieben wir selbst und höchstens ganz in der Früh vielleicht mal verschlafen quasi automatisch…
Mitgehalten – mitgemistet
Ausmisten ist keine locker flockige Angelegenheit. Im Stallgang stehen wir bis über die Knöchel in einer braunen, zähen Masse. Eine Schaufel voll Mist und Urin hat ihr Gewicht. Aber Ausmisten gehört getan. Es gehört dazu, wenn wir Tiere halten.
Beim Misten dachte ich oft darüber nach, daß ich gerade so eine Art Windelwechsel für die Rinder mache. Und ich dachte daran, was Landwirten oft Negatives unterstellt wird: Sie behandelten ihre Tiere schlecht und Nutztiere zu halten sei per se verachtend, ausbeuterisch und falsch. Das kann ich nicht verstehen. Sicher gibt es auch unter Bauern ’schwarze Schafe‘, deren Mißhandlungen nicht schönzureden sind und geahndet werden müssen. Aber von diesen sollte nicht auf alle Tierhalter geschlossen werden. Landwirte, die Tiere halten, sind wie auch Eltern für ihre Kinder 24 Stunden, 7 Tage die Woche für sie verantwortlich. Wenn etwas im Stall nicht stimmt, schlafen sie nicht gut – oder bleiben gleich im Stall, wenn sich zum Beispiel eine Kuh beim Kalben schwertut.
Kuh und ich
Ich fände es unglaublich schade, wenn Nutztiere aus unserer Welt verschwinden würden, von unseren Weiden und aus unseren Ställen. Die Beziehung zwischen Mensch und Nutztier ist eine andere, als die zwischen Mensch und Haustier, ja, aber keine schlechtere. Vielleicht ist sie mit dem Verhältnis zu Kollegen oder Mitarbeitern vergleichbar – es gibt schon irgendwie Grenzen, aber man hat gegenseitig zu tun und geht respektvoll miteinander um.
Wofür das Ganze
Sollte jemals die Frage aufkommen, wofür die ganze Ausmist-Mühe, so geben diese Bilder wohl die Antwort (also zumindest mir):
Heike, 15. Januar 2020
Bei Medikamenten würde man sagen: bitte lesen Sie den Beipackzettel!
Super bebildert und erklärt.
Und ich würde mich auch gleich in das Stroh zu den Kälble einkuscheln!
Grüße vom Murmele