Jazz direkt am Erzeuger
aHEU.BLOG unterwegs bei „Be My Guest“, der Jazzreihe am Ackermannbogen //
Menno, anno 2013, in der ersten Saison von „Be My Guest“ bekam ich nur zweimal Konzertkarten – sonst ausverkauft! Damit mir das nicht wieder passierte, erstand ich ab der zweiten Saison Abonnements für einen Ex-Band-Kumpel und mich. Yes! Zwar hörte sich für mich „ich habe ein Konzert-Abo“ zunächst irgendwie ziemlich alt an… Aber dann überwog schnell der Genuß von sieben Karten für sieben Konzerte auf einen Streich ohne wiederholten Entscheidungs- und Besorge-Streß. Genial!
Aber was ist „Be My Guest“ eigentlich? Der Musiker Stefan Noelle lädt von Oktober bis April einmal monatlich in sein sogenanntes „Jazz-Wohnzimmer“ andere Musiker plus Begleitung ein und setzt sich zu ihnen an sein Schlagzeug. Jede Saison trägt eine Überschrift: Waren im ersten Jahr der Hauptact Pianisten, waren es im zweiten Saxophonisten; im dritten Jahr waren von 20+ bis 80+ verschiedene Generationen vertreten; im vierten kamen Duos; im fünften wurde gesungen; in der letzten Saison waren Professoren die Gäste.
Nah dran
Das ganz Besondere von „Be My Guest“ ist für mich einerseits die Proberaumatmosphäre. Allein schon der Weg durch das Wohngebiet, hinein in den Eingang des Restaurants „Rigoletto“, die Treppe hinunter an den Toiletten vorbei um’s Eck, durch den schmalen Kellergang in den 70 Zuhörer fassenden Raum. Die Bühne ergibt sich in der Mitte: dort, wo die Stuhlreihen eine Fläche freilassen. Man kann die Noten mitlesen. Hört die Flöten-Klappen, das Klicken der Effektgeräte. Man rückt zusammen, ist ganz nah dran. Die Musik wird ganz konkret, weil man ihre Entstehung unmittelbar mitbekommt. Ihren körperlichen Ursprung (Musiker sind Handwerker!), ihre Schaffung aus dem Innern eines Künstlers heraus und das Miteinander der Musiker, das sich durch Blicke, Gesten, Töne, manchmal auch Worte verständigt. Die bei „Be My Guest“ auftretenden Künstler zeigen wenig Attitüde und sind angetan von der intimen Situation.
Spielfreude
Der andere große Zauber „Be My Guests“: Die Spielfreude der Musiker. Ich glaube, sie rührt daher, daß sie spielen dürfen, was sie mögen (Nein, das ist leider nicht selbstverständlich). Das jeweilige Programm stellen die Gäste gemeinsam mit Gastgeber Noelle zumeist speziell für diesen Abend zusammen. Sie wählen aus ihrem Repertoire entlang eines ihnen gemäßen Mottos aus, mit aufgefrischtem Blick. Und selbst wenn ein Gast mit fertigem Paket kommt, wird es aufgeschnürt, durch Noelles Mitspiel bereichert und neu, anders dem Publikum überreicht. Der jeweilige Protagonist darf glänzen, kreist aber durch die ungewohnte Besetzung und das nahe Publikum weniger um sich. Die Musik entsteht im Moment ihrer Darbietung. Jazz.
360°-Macher
Ich finde es ganz großartig, diese außergewöhnlichen Konzerte, beziehungsweise die Künstler, beziehungsweise die Musik zu erleben. Stefan Noelle, selbst ein Bewohner des Ackermannbogens, hat sich diese Jazz-Konzertreihe ausgedacht und ist ihr seither Kopf, Herz und Hand. Jenseits des Kartenverkaufs über den Kulturverein Ackermannbogen kümmert er sich um alles: von A wie Aufstellen der Stühle über B wie Booking der Kollegen bis hin zu Z wie Zeitmanagement per charmant eintreibendem Pausengong. Was er abgesehen von „Be My Guest“ noch so alles macht als Schlagzeuger, Liedermacher und Kulturmanager, könnt Ihr bald in einem Interview erfahren.
Weiter geht’s, größer wird’s
Mit „Be My Guest“ geht es im Oktober 2019 gleich doppelt weiter, nämlich wie gehabt am Ackermannbogen und neu, jeweils am Tag drauf auch in der Kulturbühne Spagat im Domagkviertel. Das Ganze diesmal unter dem Motto „Sounds Like Her„.
Ich freue mich sehr darauf! Im verflixten siebten Jahr sind nun Musikerinnen eingeladen – wenn das mal kein Zufall ist… (;
PS: Alle Bilder zeigen ein paar meiner persönlichen Highlights über die Jahre… (:
Heike, 31. Juli 2019